Wallenbrück, Barockorgel

 
Wallenbrück
Marienkirche, luth., Barock-/Friedensorgel

1624 Familie (Ernst?) Bader (Unna)
1755 Christian Klausing, Herford
2021 Hendrik Ahrend, Leer

I(I)p/9 (15), angehängtes Pedal

Die Orgel ist - nach Ostönnen und Lemgo St. Marien - als Ganzes die drittälteste in Westfalen.
Bei der schon 1969 erwähnten Jahreszahl "1624" wurden 2019 zusätzlich die Buchstaben "E B" entdeckt und damit das mindeste Baujahr sowie ein Hinweis auf die möglichen Erbauer Ernst oder aber der Familie Bader festgestellt.

Seit ihrer Erbauung hat sie eine Reihe Instandsetzungen und Umbauten erfahren, zuletzt 1976 mit einem technischen Neubau. Pfeifen/Register aus dem 16. und 17. Jahrhundert blieben erhalten. Auch waren hier immer Schleifladen vorhanden.

Ab 2008 wurden starke Korrosionen an den alten Bleipfeifen festgestellt. Im Bewusstsein auf die Bedeutung wurde in der Folge ein duales Konzept zur zukünftigen Orgelsituation beschlossen:
 
1. Ausbau des Werks von 1976, bis auf die alten Pfeifen. Aufstellung im nördlichen Querschiff im neuen Gehäuse.
Dies wurde 2016 durch Reinalt Klein, Lübeck fertiggestellt.
 
2. Rekonstruktion und Restaurierung der Barockorgel auf den Zustand Klausing 1755, der hier am besten belegt ist.  Ausgeführt durch Fa.Ahrend, Leer: Komplettes Werk, allerdings zunächst ohne das Brustwerk/Positiv, das vorbereitet ist und möglichst bald ergänzt werden soll.

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Die Einweihung mit dem Hauptwerk war im August 2021.
Die Chronik siehe unten.

 

 

I. Manual  Hauptwerk C,D-c3
 
II. Manual  Positiv C,D-c3 **geplant**
 
Principal
Holflaut
Quintatön
Octav
Super-Octav
Sesquialter 3f B/D
Mixtur 4f
Cymbal 2f
Trompet B/D
 
8
8
8
4
2
2 2/3 + 1 3/5 +1
1 1/3
1/2
8
br/k3/a7
a
br/a18
br/k4
br/k2/a19
br16/k30/a
br11/k2/a
br7/k3/a
a
Gedackt
Gemshorn
Octav
Quinta
Cymbal 2f
Crumhorn B/D
8
4
2
1 1/3
1
8
9

 

  6
 
br = 17.J./Bader/Reinking, k = 1755 Klausing , a = 2021 Ahrend, ggf. jeweils mit der kleineren Zahl der Pfeifen
Es sind 251 Pfeifen aus dem 17. und 18. Jahrhundert erhalten.
Temperierung mitteltönig mit 8 reinen Terzen
Windanlage: 3 einfaltige Spanbälge mit Gebläse oder Fußbetätigung
Pedalklaviatur nach Vorbild Ochtersum
 
 
1624
Neubau wahrscheinlich Familie (Ernst?) Bader, Unna

1650 Beschädigung durch einen Turmbrand

1659 Instandsetzung. Es spricht einiges dafür, das dies durch Hans Henrich Reinking, Bielefeld erfolgte. Die Orgel hatte jetzt 14 Register auf Hauptwerk und Brustwerk, Pedal angehängt. Tonumfang 41 Töne , mit kurzer Oktave.

1682 Stimmung durch Hinrich Klausing, Herford. Erweiterung der Empore.

1688-1690 Kleinere Arbeiten durch Klausing

1754/55 Reparatur und Umbau durch Christian Klausing, Herford.
Tonumfang auf 48 Töne erweitert, Dispositionsänderungen, ein zusätzliches Gedackt 8 im Brustwerk, neue Windladen, neue Balganlage durch Ankauf von 4 gebrauchten Bälgen aus Osnabrück, die vermutlich vom Schnitger-Gesellen Christian Vater stammten. Diese Bälge waren bis 1974 noch vorhanden. Die Orgel hatte spätestens jetzt Schleifladen und 15 Register mit angehängtem Pedal.

1763 Balgreparatur

1765 Höchstwahrscheinliche Reparatur und Instandsetzung durch den Möller-Neffen Johann Georg Isvording aus Dringenberg. Dieser sollte nun auch die jährliche Wartung übernehmen.

1831 Überlieferung der Disposition durch Johannes Kersting, Münster

1840
Grundlegende Überholung in Instandsetzung durch Wilhelm Kummer, Minden. Statt Hauptwerkszimbel nun eine Flauto amabile 4‘. Wahrscheinlich auch Änderung der Quintade 8 in ein Gedackt 8.
 
1851 Instandsetzung durch Ludwig Ohe, Melle-Buer. U.a. Anlegen einer gleichstufigen Temperatur.

1852 Erweiterung der Empore. Verlegung des Spielschranks an die Nordseite als seitenspielig durch Ludwig Ohe. Gehäuseänderungen, u.a. Blindpfeifenfelder am Brustwerk.
 
Zwischenzeitliche Kostenanschläge wurden nicht ausgeführt.

 
1888 Umbau und Erweiterung auf 20 Register mit freiem Pedal durch Ernst Klaßmeier, Kirchheide. Tonumfang C-f3, bzw. C-d1. Dabei blieben noch rund 450 Pfeifen des 17. und 18. Jahrhunderts erhalten. Neuintonation und Stimmung im Kammerton. Neues Gehäuse für das Pedal auf der linken Seite.

1938 Renovierung durch Friedrich Klaßmeier, Kirchheide
 
1946 Einbau eines elektrischen Gebläses durch Gusatv Steinmann, Vlotho

1976 Tiefgreifender Umbau durch Gustav Steinmann, Vlotho
Technischer Neubau mit 20 Registern auf 2 Manualen und Pedal. Dabei wurden 251 Pfeifen aus dem Zustand 1755 wieder verwendet (ca. 25 % /5 Register). Die Mensuren wurden nicht verändert. Allerdings ging hier ungefähr die gleiche Anzahl alter Pfeifen durch Verkauf verloren.
Die Gamba 8’ von Klaßmeier 1888 blieb ebenfalls erhalten. Aufgabe der alten Tretbalganlage aus dem 17. Jahrhundert. Neues Gehäuse des Pedalwerks hinter dem Hauptgehäuse. Arbeiten am Gehäuse. Neue Empore mit Brüstungselementen des 17. und 18. Jahrhundert.
  
1991 Generalüberholung. Feststellung übereinstimmender Signaturen an den Pfeifen in Wallenbrück und Borgholzhausen von Hans Henrich Reinking.
Eintragung der Orgel als Denkmal.
 
2008 Feststellung von Korrosionsschäden an den Bleipfeifen. Einlagerung bei der Fa. Steinmann. Untersuchung der historischen Pfeifen durch Reinalt Klein, Lübeck. Eine Restaurierung/Rekonstruktion wird als möglich bescheinigt.

2011 Symposium zur weiteren Zukunft der Orgel. Beschluß einer dualen Lösung:
Ausbau und Umsetzen des Werks der Steinmann-Orgel von 1976 in ein neues Gehäuse ins Querhaus, ohne die historischen Pfeifen.
Anschließend Restaurierung und Rekonstruktion der Barockorgel.

2012 Einlagerung der historischen Pfeifen bei Wegscheider, Dresden, ab 2018 bei Fa. Johannmeier in Stemwede.
  
2016 Fertigstellung der Querhausorgel durch Reinalt Klein, Lübeck
Neues Gehäuse. Die fehlenden historischen Pfeifen wurden entsprechend ergänzt.
  
2019 Untersuchung des alten Pfeifenbestandes durch Koos van de Linde, sowie der Farbgebung des Gehäuses durch Inge Otto.
Entdeckung der Inschrift "E B" neben der schon bekannten Jahreszahl "1624" am Mittelturm. Ferner am rechten Spitzturm „FECIT 1771“, wahrscheinlich durch eine Tischlerarbeit.
Klärung von Fragen der Datierung der Ornamente und Dekore mit Dr.Vera Lüpkes und Eckehard Deichsel vom Weserrenaissance-Museum Lemgo.
 
2020 Überführung des Barock-Gehäuses und der historischen Pfeifen zur Orgelwerkstatt Ahrend in Leer. Freilegung der Inschriften von 1624 und 1771. Restaurierung und Rekonstruktion von Gehäuse und Pfeifenwerk aufgrund der Befunde auf den Zustand Klausing 1755.
 
2021 Im August Wiedereinweihung der Orgel mit Ausnahme des 2.Manuals des geplanten Positivs, welches aus Kostengründen erst später folgen soll.
 
Weitere Anmerkungen:

Falls die Familie Bader oder Ernst Bader die ursprünglichen Erbauer sind, wäre es der älteste erhaltene Prospekt der Baders.

Durch den 1624 vorhandenen geringen Tonumfang kommt auch ein Vorgängerinstrument vielleicht in Betracht.

Das Brustwerk wird hier auch „Positiv“ genannt, weil es relativ niedrig im Gehäuse stand/steht. Alle Pfeifen sind aus Metall, das Gedackt 8 hätte sonst keinen Platz aufrecht gehabt. Somit könnte das Hauptwerk wegen seiner Höhe auch „Oberwerk“ bezeichnet werden.

In den zurückliegenden Jahren ist eine sehr umfangreiche Quellen-Dokumentation durch den Historiker Andreas Kamm erstellt worden. Dazu zählt auch eine Chronik zum Orgelbau seit 1624, die in der ebenfalls umfangreichen und informativen Festschrift abgedruckt ist. Zur Restaurierung gibt es eine detaillierten Bericht von Hendrik Ahrend.
 
Die Orgel hat den Spielschrank wie ursprünglich nun wieder vorn, also vorderspielig

Im hier betrachteten geografischen Raum ist sie die einzige 2-manualige Orgel mit angehängtem Pedal.

Friedensorgel
Die Orgel wird seit 2022 auf Vorschlag von Hans-Hermann Jansen/Marienmünster "Friedensorgel" genannt, im Wissen, dass sie im 30jährigen Krieg entstand und auch in allen folgenden, zeitlichen Widrigkeiten immer für ihre Funktion gesorgt wurde.